Agiles HR-Management bei Bosch
Im Gespräch mit Corinna Dornbusch von Bosch Power Tools
Agilität bedeutet, immer in Bewegung zu sein, schnell auf Veränderungen zu reagieren, flexibel zu handeln. Corinna Dornbusch beschäftigt sich bei Bosch Power Tools mit der Frage, wie sich Agilität auf die Arbeitskultur übertragen lässt. Für sie ist klar: Erst durch neue HR-Instrumente gelingt der Wandel hin zu einer agilen Arbeitswelt.
Die Unterlagen liegen bereit auf dem Tisch, Aufregung und Neugier in der Luft. Das Bewerbungsgespräch kann losgehen. Anders als üblich sitzt dem Bewerber aber nicht nur eine Führungskraft gegenüber – sondern gleich ein ganzes Team: jene Kolleginnen und Kollegen, mit denen der Bewerber zukünftig zusammen arbeiten würde. „Team Staffing“ nennt sich diese Form des Recruitings, die Corinna und ihr Team bei Bosch Power Tools eingeführt haben. „Alle Beteiligten werden von Anfang an in die Entscheidungsfindung einbezogen. Denn agil arbeiten wir erst dann, wenn auch das Recruiting neuer Talente agil wird“, sagt Corinna, die im Jobsharing zusammen mit Jochen Goeser ein 10-köpfiges Team leitet, das neue, agile HR-Instrumente entwickelt. Die studierte Betriebswirtin mit Schwerpunkt Personal hat dabei ein klares Ziel vor Augen: „Wir wollen eine ganz andere Arbeitskultur schaffen. Wir sind auf dem besten Weg, Führung und Zusammenarbeit anders zu definieren.“
Die Veränderung der Arbeitskultur gelingt nur durch einen gleichzeitigen Wandel der Führungskultur. Und hierbei ist Umdenken nötig: „In einer immer komplexeren Arbeitswelt kann die Führungskraft nicht länger als allwissende Instanz verstanden werden. Vielmehr wollen wir uns die Intelligenz aller Mitarbeitenden und die Diversität innerhalb der Teams zunutze machen. Jeder hat eine andere Perspektive, ein spezifisches Know-how und individuelle Ideen“, so Corinna. Jedes Teammitglied wird dabei gestärkt und unterstützt, um sich bestmöglich entfalten zu können.
Vom klassischen Mitarbeitergespräch zum Individual Development Dialogue
Die Aufgabe von Corinna und ihrem Team ist es, neue Ideen und Ansätze im HRBereich für Power Tools anzupassen und nutzbar zu machen – mit einer globalen Perspektive. Dafür entwickeln sie Konzepte, testen und realisieren sie. Ein Beispiel dafür: der Wandel vom klassischen Mitarbeitergespräch zum Individual Development Dialogue, kurz IDD: „Wir fokussieren uns im IDD vor allem auf die individuelle Weiterentwicklung. Dabei entscheidet der Mitarbeitende selbst, wann und wie häufig er das IDD führen möchte. Schon vor dem Gespräch holt er sich Feedback von verschiedenen Menschen ein, mit denen er zusammenarbeitet. Diese Rückmeldungen werden mit der Führungskraft und gegebenenfalls weiteren Beteiligten reflektiert. Dabei geht es um Fragen wie: Was ist mein Beitrag? Was motiviert mich? Was sind meine Stärken und in welchen Feldern will ich mich weiterentwickeln? Am Ende erstellen die Beteiligten zusammen einen Plan, wie der Mitarbeitende diese Ziele erfüllen kann.“
Die agilen Teams bei Bosch Power Tools führen außerdem zum Jahresbeginn einen sogenannten Team Target Workshop durch. Dabei stimmen sie den Beitrag des Teams und ihre Ziele auf Basis der jeweiligen Geschäfts- und Bereichsstrategie ab. „Wir arbeiten also nicht mehr mit individuellen Einzelzielen, sondern mit Zielvereinbarungen auf Teamebene“, berichtet Corinna. In regelmäßigen Abständen überprüfen die Mitarbeitenden während des Jahres ihre Zielerreichung und wie sich diese Ziele gegebenenfalls verändert haben. Auch generell basiert eine neue, agile Arbeitsweise aus Corinnas Sicht auf Selbstreflexion und offenem Feedback. Deshalb ist ein weiterer Fokus des Teams, eine lebendige Feedback-Kultur bei Bosch zu etablieren. Dabei geht es nicht nur um kritisches Feedback, sondern auch um gegenseitige Anerkennung und Wertschätzung. Ein Beispiel dafür sind digitale oder auch vorgedruckte Kudo-Karten, um Danke zu sagen, zu gratulieren und zu loben.
Ob innovatives Recruiting oder neue Formen von Mitarbeitergesprächen – diese innovativen HR-Instrumente zeigen: Die HR ist Treiber der agilen Transformation. Und sie muss sich zugleich selbst verändern. „Natürlich bringt dieser Prozess viele Herausforderungen mit sich, aber deshalb ist es auch so spannend. Ich finde es großartig, wie sich die HR bei Bosch in meinen fast 20 Jahren im Unternehmen verändert hat“, sagt Corinna. „Und genau das ist auch, was mich antreibt: Menschen und das gesamte Unternehmen bei ihrer Entwicklung zu begleiten, zu beobachten, wie immer mehr Potenzial freigesetzt wird.“