Per Anhalter in den Orbit
Ihr Ziel ist der Weltraum: Studenten der TU München befördern einen selbstgebauten Mini-Satelliten, der mit Bosch-Sensoren ausgestattet ist, ins All. Den Transport übernimmt eine SpaceX-Rakete.
Sie haben nur eine Chance, um ihren kleinen Satelliten ins All zu schießen. Der Startplatz ist gebucht, zwischen 60 000 und 100 000 Euro kostet der Flug ins All. Jetzt darf nichts mehr schiefgehen. Zehn mal zehn Zentimeter misst der würfelförmige Satellit, den die Studenten der Technischen Universität München gebaut haben. Wie ein kleiner Anhalter soll er in einer schuhkartongroßen Box in einer SpaceX-Rakete von der Luftwaffenbasis Vandenberg im US-Staat Kalifornien ins Weltall mitreisen. Er heißt MOVE-II und der Name leitet sich – wie für die Raumfahrt üblich – von einem Akronym ab: Munich Orbital Verification Experiment.
Unter der Aufsicht eines echten Astronauten
Mehr als 100 Leute arbeiten seit drei Jahren an dem gleichnamigen Forschungsprojekt am Lehrstuhl für Raumfahrttechnik in München. Geleitet wird der Lehrstuhl von Ulrich Walter. Der Physiker war am 26. April 1993 an Bord der deutschen Spacelab-Mission D2 und damit der fünfte deutsche Astronaut im All. Zehn Tage hat er in der Schwerelosigkeit verbracht und fast 90 Experimente durchgeführt. Seit 2003 lehrt und forscht er an der TU München.
Das Forschungsprojekt ist für die Studenten freiwillig und wird vom deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) finanziert. Begleitet werden sie in ihrer Arbeit von Projektleiter Martin Langer. „Die Studenten haben hier die Möglichkeit, einen echten Satelliten zu bauen und von der Idee bis zur Hardware umzusetzen“, sagt Langer. „Wenn er im All ist, lernen sie den Missionsbetrieb kennen.“ Der Satellit ist bereits der zweite des Lehrstuhls. Der erste heißt First-MOVE und ist im November 2013 gestartet.
Bosch-Sensoren zur Lageerkennung
Der Nachfolger MOVE-II ist ein Mini-Satellit, ein sogenannter „CubeSat“. Er besteht aus mehreren Computerplatinen und Solarpanelen. „Ein Satellit ist kein geschlossenes System, weshalb wir hier interdisziplinär arbeiten“, erzählt der Projektleiter. Die meisten Studenten sind Maschinenbauer, hinzu kommen Informatiker, Physiker und Elektrotechniker. Zu Beginn wurden anhand der verschiedenen Sub-Systeme die Teams eingeteilt. Zu den Sub-Systemen zählen zum Beispiel der Bordcomputer, die Satellitenstruktur oder das Lageregelungssystem. Martin Langer erklärt: „Das Lageregelungssystem sorgt dafür, dass sich der Satellit im Weltraum orientieren und dies auch aktiv, in unserem Fall über magnetische Spulen, steuern kann.“
Für letzteres nutzen die Studenten Bosch-Sensoren, deren Vorläufer ursprünglich aus dem Automotive-Bereich stammen. Der Hauptsensor ist der BMX055 von Bosch Sensortec, ein sogenannter Kombo-Sensor in dem ein Beschleunigungssensor, ein Drehratensensor und ein geomagnetischer Sensor in einem Gehäuse von nur 3 x 4,5 mm² Fläche integriert sind. „Die BMX-Sensoren, genauer gesagt die Magnetometer und Gyroskope, liefern uns die nötigen Daten, um die Orientierung des Satelliten im Raum bestimmen zu können“, sagt Langer. „Sie sind auf der Rückseite aller Seitenpanele sowie auf der Hauptplatine im Inneren des Satelliten angebracht.“ Insgesamt wurden sechs dieser Bosch-Sensoren verbaut.
„Es ist faszinierend zu sehen, wo die Studenten die Bosch Sensoren überall einsetzen, obwohl in diesem Fall der BMX055 eigentlich als reines Produkt für die Konsumelektronik und nicht für die Avionik oder gar die Weltraumfahrt ausgelegt ist“, sagt Christoph Waletzek, Senior Expert für Produktentwicklungsmethoden im Bereich der Denoxtronic Entwicklung in Stuttgart Feuerbach. Durch einen privaten Zufall ist er mit Martin Langer in Kontakt gekommen. „Ich hoffe, dass sich interessierte Produktentwickler melden und wir den Austausch zwischen Bosch und den Studenten ausbauen können.“ Denn bisher bestehe noch keine Kooperation.
Fazit
Zehn mal zehn Zentimeter misst der würfelförmige Satellit MOVE-II, den Studenten der TU München gebaut haben und ins All befördern. Der Mini-Satellit ist mit Sensoren von Bosch Sensortec ausgestattet. Diese sorgen dafür, dass der Satellit seine eigene Orientierung im Weltraum kennt.